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Outdoor- & Reiseberichte Egal, ob ihr eine Stunde,eine Woche, oder ein Jahr unterwegs seid...

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  #1  
Alt 14.02.2012, 18:10
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Schwefelporling Schwefelporling ist offline
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Standard Zickzackwanderung- eine kleine Odyssee auf dem Plateau de Millevaches

Ich bin ein alter Gelegenheitswanderer und low budget Urlauber und möchte euch von einer sechstägigen Wanderung erzählen, die ich vor Jahren relativ spontan mal auf dem Plateau de Millevaches in Frankreich gemacht habe. Ich habe noch mein Tagebuch von damals... heute habe ich mehr Erfahrung!
Es kam so: ich arbeitete in einem Urlaubssemester als Freiwilliger auf verschiedenen Öko- Bauernhöfen in Frankreich und wollte Mitte September noch eine Freundin in Lons-le-Saunier (département Jura) treffen, bevor es wieder nach hause ging. Meine Abmachung mit dem Altkommunarden, bei dem ich mich gerade zum zweiten Mal aufhielt, war bereits erfüllt: ich war zwei Wochen geblieben, hatte mit den Kühen geholfen und vieles mehr. Ein weiterer Aufenthalt auf einer anderen Farm war hingegen abgesagt worden. Es war Ende August, ich hatte also Zeit. Ich entschloß mich, nach dem vielen Arbeiten einfach auch mal Urlaub zu machen.
Weil ich mich gerne in der Natur aufhalte, sah ich keine Veranlassung, die Region Limousin zu verlassen (ich befand mich im Corrèze in der Nähe von Tulle). Statt einen beliebten Badeort oder die Großstadt aufzusuchen, entschloß ich mich für eine größere Wanderung in der Provinz; ich kaufte mir eine 1:100.000 Karte (ja, ziemlich ungenau zum wandern), die nördlich von Meymac anfing.
Fast das gesamte Limousin, besonders aber das Plateau de Millevaches- die Gegend, die es für mich zu erkunden galt- ist für Mitteleuropa eher dünn besiedelt und dafür landschaftlich sehr angenehm. Insgesamt sehr wasserreich und urtümlich; keine steilen Berge, aber Hügel mit Mischwald und Weideland für Kühe; die Dörfer häufig aus grobem Naturstein gemauert. Ich nahm mir vor, dort von Meymac aus bis nach Aubusson zu wandern; das sollte etwa 8 Tage dauern. An Luftlinie sind es vielleicht 40 km Entfernung, aber ich wollte nicht einfach die größten Landstraßen entlangwandern, sondern eher einfache Wege benutzen, und man muß bedenken, daß ich mein komplettes Gepäck mitnehmen wollte (ich hatte, als ich in Deutschland packte, leider nicht an ein solches Unternehmen gedacht). Ich ließ immerhin eins meiner zwei Paar Schuhe beim Bauern, um Gewicht zu sparen. Dafür nahm ich einen der im Hof als Napf herumfliegenden Alu Stielkasserolen mit, zum Kochen. Becher, BW Besteck und Plastikteller hatte ich sowieso mit.

An sonstiger (outdoor-) Ausrüstung sind u.a.
-mein schweizer Taschenmesser mit Säge zu nennen,
-ein normaler Mil Tec Piloten Schlafsack (aber keine Iso Matte dabei),
-ein grünes flaches zwei- oder drei Mann Salewa Zelt (vom Papa ausgeliehen)
-zwei 1 Liter Metallflaschen
-ein Gestellrucksack für das meiste Gepäck; so eine stabile, eckige Einkaufstasche für sperrige Vorräte und Schreibutensilien; eine große Nylon Bauchtasche mit Walkman und Kassetten
-Lidl Wanderschuhe (die taten gute Dienste). Keine Regenjacke...
Alles zusammen wogen meine Sachen mindestens 20kg; falls sich einer wundert, warum ich wenngleich auch oft querfeldein, nicht mehr Strecke als ungefähr 8 Kilometer am Tag gewandert bin. Außerdem sollte es ja eigentlich auch eine Art Urlaub sein, also erholsam und nicht eine einzige Qual!
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  #2  
Alt 14.02.2012, 18:13
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aus dem Tagebuch (etwas aufbereitet):

Sonntag, 31.8.2003 (Fahrt zum Ausgangspunkt): Vor dem Mittagessen packte ich mir noch schnell Tomaten, Toastbrot vom Containern, und drei Ziegenkäse ein. Das Zelt und meine Wäsche waren leider noch nicht ganz trocken. Ich verabschiedete mich von Lucy, und Louis fuhr mich mit der Ente nach Egletons. Von dort nahm ich dann den sehr kleinen Zug nach Ussel. In Ussel hatte ich Aufenthalt und wanderte ins Zentrum, wo ich auf dem zentralen Platz eine Pause machte. Mit dem nächsten Zug fuhr ich nach Meymac und fand dort ohne Umweg einen Campingplatz. Ich hatte 4€02 für die Nacht im Voraus zu zahlen und suchte mir einen Fleck zum zelten. Die Schulferien in Frankreich waren zuende und somit war ich der einzige Gast! Das erinnerte mich an das leere Hotel in „shining“. Ich baute das Zelt auf, spannte eine Wäscheleine und aß Abendbrot. Meymac ist offenbar ein Zentrum für die Ausbildung im Forstbereich; das erkannte ich an verschiedenen Schildern. Früh am Abend schlenderte ich noch durchs Städtchen, sah mir unter anderem eine Buchhandlung mit Bistro an, meldete mich dann per Telefonzelle zuhause. Ich ging früh ins Bett, um ausgeruht zu sein. Allerdings lag ich natürlich mangels Isomatte recht hart und es war auch kalt.

1.9. (Start der Wanderung): Ich duschte und rasierte mich, hängte einige klamme Sachen nochmal auf und ging wieder in die Stadt. Dort ließ ich mich im Office du Tourisme etwas beraten, kaufte Postkarten und Briefmarken und im Supermarkt Proviant. Das war im wesentlichen etwas Mineralwasser, Salami und ein ovales Landbrot. Zum Frühstück aß ich Dosenmuscheln und Baguettebrot. Ich packte meine Sachen zusammen und lief gegen halb eins los.
Ich stellte schon kurz nachdem ich in den auf der Karte eingezeichneten Bereich gelaufen war fest, daß sie recht ungenau ist (es gibt in echt mehr Wege als drauf sind). Zunächst jedoch kam ich zurecht. Um meiner gewählten Strecke treu zu bleiben, durchquerte ich das Gelände eines Kinderfreizeitheims und wurde daher von zwei älteren Damen angesprochen. Ich folgte dahinter wie geplant einer schwach frequentierten Straße, die durch Nadelwälder führte. In einem solchen machte ich dann Pause. Am nächsten Checkpoint fand ich den vorbestimmten Weg nicht, bis ich auf einen mitten im Wald stieß, den ich dann für den richtigen hielt. Aber weit gefehlt! Ich erkannte den Irrtum und erklomm zunächst einen Berg, der nicht links, sondern rechts von mir liegen sollte und ging dann von dort aus ins Tal, wo meine Route weiter verlief. Dort fand ich auch einen Weg, der aber nicht in die gewünschte Richtung führte und lief also quer über eine Feuchtwiese. Ich fand wenigstens den Bach, den ich überqueren wollte, erkundete dann erstmal von dort aus ohne den schweren Rucksack die Umgebung, aber ohne vernünftiges Ergebnis, und stärkte mich dann mit Brot, Tomaten, Wurst und Käse. Ich wollte nicht am nächsten Tag von einem ungewissen Punkt aus weiter wandern, deswegen folgte ich einfach dem Bachlauf. Dort gab es dann auch einen alten Waldweg, auf dem ich ein Stück weiterlief. Als ich dann mal nicht weiter wußte, orientierte ich mich nach der Sonne. So kam ich doch endlich zum Dorf Lestrade, das schön gelegen ist (hübsche Häuser, Viehweiden, bewaldete Hügel). Es gab eine „ferme auberge“, aber ich machte stattdessen die Straße ausfindig, auf der ich weiter wollte und folgte ihr ein gutes Stück. Im Tal linkerhand war schließlich ein Bach und eine Schafweide zu sehen. Dort suchte ich mir einen ebenen, aber unauffälligen Fleck zum zelten. Ich hörte noch Walkman und spielte Maultrommel, ging aber noch während der Dämmerung ins Bett.
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  #3  
Alt 14.02.2012, 18:13
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2.9.: Morgens lüftete ich Zelt und Schlafsack, packte dann alles ein und hängte die beiden Zeltteile noch ein Weilchen zum Trocknen auf (wegen des Taus). Dann ging es weiter nach Freyte, wo es wider Erwarten weder Bäcker noch Brunnen gab. Von dort aus nahm ich einen Waldweg, wie vorgesehen, fand aber die richtige Abzweigung nicht, weil es viel mehr gab als auf der Karte eingezeichnet. Meine Orientierung brachte mich diesmal nicht in die richtige Richtung: offenbar kam ich östlich statt wie vermutet westlich von meiner Route am Bach aus. Um den Weg zu finden, folgte ich also dem Bach in die falsche Richtung; durch Sumpf und Dickicht. Schließlich machte ich Pause und aß fast mein ganzes Essen auf, hatte aber noch Hunger. Zum Glück kam ich wenig später an einer größeren Eiche vorbei, an der Schwefelporlinge wuchsen. Ich fand ein langes Birkenstämmchen, an dem ich mein Messer per Klebeband befestigen konnte, und schnitt damit Pilze ab. Ich holte mir Steine und trockene Reiser, mache ein Feuer und kochte die Pilze im Wasser des Baches. Ich hatte gehört, daß man die Pilze danach noch braten solle, aber das sparte ich mir, ich aß sie heiß aus dem Wasser, das ging auch. Danach lief ich gestärkt weiter am Bach entlang, erst noch durch weidenbestandene Sumpflandschaften, dann an einem Hang mit Ginster und Heidekraut, bis ich auf einen Weg stieß, der ungefähr in die richtige Richtung führte. An dieser Stelle lag ein Schafskadaver im Bach. Ich wusch mir oberhalb davon noch meine Matte und folgte dann dem Weg. Es erschienen zwei Angelteiche, hinter dem zweiten waren Ferienhäuser. Ein Gärtner pflegte gerade den Rasen, als ich kam. Er stank und qualmte Selbstgedrehte, als ich ihn nach dem Weg fragte. Dank seiner Hilfe fand ich aber auch einen Wasserhahn. Bald führte der Weg zur D30 nach Sornac, wo der Bach in die Diège mündete. Es gab keinen Schatten mehr. Nach einem knappen Kilometer machte ich erstmal Pause und aß den Rest Brot mit einer Dose Makrelenfleisch. Ich saß an einem Holzlagerplatz auf einem Baumstamm, über den Eidechsen huschten. Dort schrieb ich noch eine Postkarte und schleppte mich dann bis kurz vor Sornac, was in etwa als mein Zielpunkt des Tages gedacht war. Ich verließ die Straße nach links, durchquerte 150 m Gestrüpp und ging barfuß durch die Diège. Dahinter lag ein Nadelwald, in dem offenbar eine kleine private Motocrossstrecke verlief. Ich nutzte einen ebenen Teil derselben zum Zelt aufbauen.

3.9.: Ich trocknete halbwegs das Zelt und hing auch Socken und Schuhe in die Sonne, dann marschierte ich weiter und durchquerte wieder den Bach. Bis Sornac war's nicht mehr weit. Ich kaufte mir einen Kuli im Presse- Laden, kaufte dann im Spar nochmal ordentlich Nahrung ein. Auch in diesem Dorf hatte das Office du Tourisme keine besseren Karten anzubieten. Ich erzählte den Leuten von dem toten Schaf; in der info wurde nämlich Werbung für die Diège als super sauberer Forellenfluß gemacht. Ich warf die Postkarte ein und telefonierte nochmal nach hause. Dabei erwähnte ich die Schwierigkeiten; ich räumte ein, daß ich das Geplante vielleicht nicht schaffen würde. Ich ging Richtung Beaune weiter (nicht der bekannte Ort im Burgund, sondern ein kleines Dorf) und fand am Ortsausgang einen Forellenteich wo ich frühstückte. Bewußt wurde es ein größeres Frühstück, um im Folgenden Gewicht zu sparen, und über genug Kraft zu verfügen: Brot, Ziegenkäse, eine Dose Kichererbsen, Apfelsaft, ein halbes Kilo Joghurt, mit Maronencreme aus dem Glas. Ich nutzte die Pause um mein Schuhwerk weiter der Sonne auszusetzen. Eine Art Sanatoriumspatient (da war nämlich ein Heim in der Nähe) wollte die Uhrzeit wissen und sich ein bißchen unterhalten. Munter sprangen die Forellen.
Die Landschaft änderte sich in dieser Gegend allmählich: während bei Ussel und Meymac noch gnadenlos Nadelwälder vorherrschen, die noch vom Sturm 1999 manchmal verwüstet zurückgelassen wurden, kaum aufgeräumt wurden und so auch immer wieder alte Wege verschlucken, findet man weiter nördlich eine vielfältigere Landschaft, bis irgendwann eine Art bocage beginnt, also eher durch Viehweiden geprägt, die oft durch Hecken oder Mauern begrenzt sind, mit einzelnen Mischwaldhainen und Bauernwäldchen durchsetzt.
Ich ging schließlich weiter die kleine Straße hinab und durchquerte bald Beaune; da war gerade Mittagsruhe. Ich nahm von dort aus die falsche Piste, merkte das an der Himmelsrichtung und lief später, statt zurückzukehren, geradewegs auf den Punkt zu wo ich eigentlich hätte sein sollen, an einem Bach entlang über eine Wiese. Weitere Pause in einem Wäldchen. Bevor ich auf die richtige Straße kam, mußte ich wieder durch dichtes Gebüsch. Später an der Mühle moulin de Beaune wurde ich von einem hysterischen Opa abgewiesen, der behauptete, es gäbe keinen Weg mehr und ich befände mich auf einem Privatgrundstück. Ich folgte also weiter der Straße im Tal und kürzte hinter einem Waldstück dann einfach durch den Sumpf ab (oft genug ging es mal wieder nur über Grasbuckel und Knüppel weiter), wodurch ich zu guter Letzt doch noch auf dem gewünschten Weg auskam, ätschibätsch. Ich fand einen schon getrockneten, wahrscheinlich von Dorfhunden zerfetzten Fuchskadaver und nahm mir davon einen Eckzahn mit. Dann durchquerte ich l'Anglade und sogar noch Ville- Valleix (Tagessoll überschritten). Ich fand reife Äpfel als Fallobst, bevor ich dann kurz vorm nächsten Dorf Crabanac einem Feldweg zu einem Buchenwald folgte. Hier schlug ich das Zelt auf, wiederum mitten auf einer Motocross- Strecke. Der Tag war schon heiß gewesen und auch die Nacht war nicht kalt. Ein plus war auch sicher der weiche belaubte Untergrund.

4.9.: Morgens war das Zelt ausnahmsweise mal nicht feucht, ich packte es ein und hatte Zwieback mit Maronencreme und Milch. Ich klebte ein Pflaster an meinen leidenden dicken Zeh, cremte mich ein und ging los. Als ich wie geplant die D36 überquert und somit die Départementsgrenze überschritten hatte (Creuse, nicht mehr Corrèze), um den Feldweg nach Féniers zu nehmen, führten mich dort Schilder zu einer der Quellen der Creuse. Sie war freigelegt und mit Kiesbett versehen worden. Dort holte ich endlich neues Wasser. Kurz darauf machte ich eine Pause, während der ich mich nochmal stärkte. Bald kam ich in Féniers an, wo es wider Erwarten keine Geschäfte gab. Zunächst entmutigt, sah ich mir das Dorf mal genauer an und fand eine öffentliche Wasserstelle. Ein Opa sprach mich an und ich unterhielt mich eine Weile mit ihm. Er erklärte mir den Weg zur Post. Ich rief dort Eltern und einen Freund an, dann füllte ich meine Wasserreserven wieder voll auf und ging weiter. Ich folgte der schmalen, recht stillen D26 bis kurz vor Gradeix, wo ich in einem schattigen Hohlweg eine längere Pause machte um meiner Freundin Fanny einen Brief zu schreiben. Dann ging's auf halber Höhe um die Hügel herum, gesäumt von Kuhweiden weiter bis hinter Chissac, wo ich hinter einer Weide einen Wald erspähte. Dort entschied ich mich für einen Wirtschaftsweg als Zeltplatz und bereitete die Stelle, an der ich liegen würde, mit einer Laubdecke vor. Darüber baute ich das Zelt auf und tarnte es ein bißchen. Abendbrot, Musik hören.

Freitag, 5.9.: Ich hatte wirklich bequem schlafen können und blieb auch morgens noch im Bett, weil's regnete. Erst gegen 12 packte ich alles zusammen, aß Frühstück und kümmerte mich nochmal um meinen Fuß. Im Rucksack war alles gut aufgehoben, aber die Vorräte in der Einkaufstasche isolierte ich nochmal neu und zog einen Gefrierbeutel über die Bauchtasche. Es war kühl, ich trug die zip off Hose lang und longsleeve und Parka dazu, Regensachen hatte ich ja nicht. Bald nachdem ich mich aufgemacht hatte, hörte der Regen ziemlich auf. Als ich im Tal vor Gioux war, war schon alles vorbei, aber ich trug noch die schwere Kleidung. Sehr schön war es dort, aber beim Aufstieg zum Dorf kam ich dann ganz schön ins Schwitzen und zog die Jacke wieder aus. In Gioux warf ich Post ein und fand im „salle polyvalente“ eine Putzfrau, die mir auf Toilette netterweise die Wasservorräte auffüllte und mir versicherte, in dieser Gegend könne man nichts einkaufen. Ich lief am Friedhof vorbei die Straße runter bis zur „villa gallo- romaine“, die ich mir extra auf der Karte als high auserkoren hatte. Dort waren aber nur einige verfallene Grundmauern zu erkennen, wenn auch mit Beschilderung versehen. Dafür fand ich auch hier die Umgebung traumhaft. Ich sah mich etwas um in der Stätte, rastete und aß ein großes Schinkenbrot. Dann lief ich die Straße nach la Valette weiter und suchte mir unterwegs einen Zeltplatz im Wald. Ich bereitete die Stelle mit viel Laub und Farnkraut vor und baute das Zelt darüber auf. Ich tat die Sachen schonmal rein, denn der Wald war feucht, es tropfte von den Ästen. Ich ging mit Topf, Teller und Besteck los, machte mir ca. 150m vom Zelt eine sichere Feuerstelle zurecht und ging auf Nahrungssuche. Pilze fand ich keine, nur Löwenzahn, Beinwell, Schafgarbe und noch etwas anderes. Ich fand ein Stück Fichtenwald, wo ich getrocknete Zweige vom Stamm nahm; am Boden war alles naß. Ich kochte das Grünzeug in Bachwasser, es blieb allerdings recht bitter. Der Regen fing wieder an und ich aß im Zelt weiter, auch Brot mit Wurst; die Zähne putzte ich mir später am Bach. Ich sage Bach, aber der war vielleicht 30 cm breit und 3 cm tief. Es war schon dunkel und für meine Aufzeichnungen brauchte ich Teelichter.

6.9.: Ich blieb wieder recht lange im Zelt, weil es wieder regnete. Als es nachließ, holte ich Bachwasser, wusch das Geschirr von gestern und packte alles ein. Ich wusch mir die Haare, packte das Zelt ein und ging weiter. Von der Straße aus ging ich rechts runter in ein Wäldchen, durch das ein größerer Bach floß. Dort badete ich dann endlich, in knietiefem kaltem Wasser, und zog mir frische Sachen an. Dann ging's weiter auf der Straße. In l'Anglade leuchteten die dicken Zucchinis und Kürbisse in den Gärten der Bewohner durch die trübe Luft hindurch. Alles sprießt, über Wassermangel brauchen sich die Creuser keine Gedanken zu machen... Ich verpaßte hinter dem Ort leider die Abzweigung aus dem Tal heraus, die mir wichtig war, weil ich eigentlich nicht die ganze Zeit an der D992 entlanglaufen wollte, sondern eine weitere Ausgrabungsstätte mitnehmen wollte (diesmal ein Menhir). Naja, bei der nächsten Pause war ich schon auf dem halben Weg nach Felletin. Links von der Straße war der steile Hang und rechts im Überschwemmungsbereich des Bachs eine breite Weide. Dort rastete ich an einem Baum. Ich aß den Schinken auf und Oliven aus dem Glas; dann lief ich einfach weiter, obwohl ich bereits meine Tagesstrecke geschafft hatte. Am Ortsausgang von St Quentin fand ich einen verlassenen Garten, wo ich bestimmt 2 kg Äpfel pflückte. Ich kam in Felletin an und folgte erstmal der Umgehungsstraße. Ich glaubte, hier am ehesten einen Campingplatz zu finden. Dann kämpfte ich mich hoch ins Zentrum und überquerte den Hauptplatz. Ich sah keine Info und kaufte daher zunächst einmal ein. Ich kaufte genug für die nächsten zwei Tage und fragte dann eine Mutter am Ausgang, wo der Campingplatz sei, es gab wohl einen in der Umgebung. Ich war schon dorthin unterwegs, traf dann aber bald einen Opa, der mich warnte, es sei sehr weit. Weil ich schwer beladen und eigentlich auch langsam müde war, gab ich auf und ging zum Bahnhof. Der wurde aber nicht mehr als solcher genutzt. Es fuhr kein Bus mehr nach Aubusson, erst 25 Stunden später wieder. Ein anderer Opa sagte, der Campingplatz hätte jetzt saisonbedingt zu und es gäbe keine Jugendherberge. Die Busfahrerin, die als nächste kam, war auch der Meinung, ich solle es entweder morgen mit dem Bus, oder heute per Anhalter versuchen. Das tat ich also, ich malte noch ein „Aubusson“- Pappschild mit Edding und lief dann die Landstraße hinunter. Ans wilde Zelten war in dieser ausgeräumten, relativ wohlgeordneten Landschaft um die Städte herum kaum zu denken... Nach einer Weile klappte es zum Glück: eine liebe Studentin im Kleinwagen brachte mich bis kurz vor Aubusson, ein Opa mit seinem Enkel dann schließlich bis zum Campingplatz. (…)
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  #4  
Alt 14.02.2012, 18:15
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Reflexion

Ich hatte also, ursprünglich weil ich über eine gut ausgebaute Strecke „zu schnell“ nach Felletin gekommen war (und danach zu k.o. war um noch einen guten Zeltplatz zu Fuß zu erreichen), die Wanderung aufgeben müssen, statt es später bis Aubusson zu schaffen... Ich lernte daraus, daß weniger Gepäck mehr sein kann, gerade bei Touren mit überschaubarer Dauer, und natürlich daß man die aktuellsten und genauesten Karten nehmen sollte, die man kriegen kann. Und ein Kompaß ist natürlich genauer als ein vages Orientieren nach der Sonne. Trotzdem war es eine gelungene Tour: ich hatte mit meinem dicken Rucksack immerhin ca. 50 km bewältigt, die Nächte ohne Isomatte und Decke überstanden und während sechs Tagen nur einmal zwischendurch einkaufen können. Ich hatte eine Gegend, die ich schon immer mal sehen wollte, nämlich dieses Plateau, zu Fuß erkundet und es hat mir dort die meiste Zeit über gut gefallen. Auch habe ich wichtige Erfahrungen gewonnen. Daß man Schwefelporlinge und Beinwell essen kann und wie die aussehen, hatte ich erst im gleichen Sommer von Gastgebern während dieser Freiwilligenreise gelernt, es hat mir genutzt.

Ich blieb für zwei Nächte in Aubusson und übernachtete weiter im Zelt. In dem Ort war es zwar schön, aber der Regen hörte nicht auf. Also kaufte ich mir ein Ticket und fuhr über Felletin nach Ussel, und von dort mit einer kleinen Bahn quer durch den Vulkannationalpark nach Clermont Ferrand. Das war eigentlich keine gute Idee. Die vier Tage dort in relativ günstigen Herbergen waren zwar erholsam für die Beine und den Rücken, auch hygienisch eine Steigerung und es gab genug zu essen, aber meine Seele fand keinen Frieden. Denn nach vielen Wochen Ziegen hüten in verwunschenen Tälern, Brot und Kuchen im alten Steinofen backen, Pflanzenkläranlage auskoffern oder mit Hippiemädchen beim Cidre sitzen, sowie schließlich nach dieser einsamen Wanderung durch die wunderschöne, friedliche Landschaft am Rande des Zentralmassivs konnte ich mit der Großstadt nichts anfangen. Ich lief mit leichtem Gepäck quer durch die Stadt, sah mir dies oder jenes an Sehenswürdigkeiten an oder bummelte in Geschäften (kaufte mir z.B. endlich einen guten Poncho), trank ein paar Bier und so weiter, aber ich erkannte wieder mal, daß mein Zuhause wohl woanders sein muss als im Asphaltdschungel...

(PS Leider habe ich keine Fotos gemacht; . Die Kamera war von einer Kuh in eine Pfütze geschubst worden und funktionierte eine Weile nicht)

Geändert von Schwefelporling (14.02.2012 um 18:27 Uhr)
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