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Alt 28.01.2012, 01:52
Benutzerbild von Schwefelporling
Schwefelporling Schwefelporling ist offline
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Schwefelporling Stammes Mitglied
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Ich habe in der ersten Septemberhälfte fünf Tage auf der Baikalinsel Olchon gezeltet. Das war in der Nähe des Hauptorts (ist aber ein Holzhüttendorf) Chuschir, genauer gesagt ein knapper Kilometer östlich davon, am Rande eines Kiefernwalds.
Im Ort gibt es kleine Geschäfte und auch Herbergen, sowie verschiedene Freizeitaktivitäten für touristen (das aber mehr im Sommer) und ein nettes Heimatkundemuseum (was ich leider erst später erfahren habe). Eigentlich ist die Insel ein beliebtes Urlaubsziel, aber nicht mehr in dieser Zeit. Da wo unser Zelt stand, kam kein Mensch vorbei und auch am Strand (kaltes Wasser, kühler Wind) haben wir kaum wen getroffen.

Ich war überrascht von der Abgebrühtheit meiner russischen Begleiterin, dafür daß sie normalerweise in einer Großstadt lebt und schon länger nicht mehr großartig draußen war... wir kochten auf offenem Feuer, hatten keinen Tisch, mußten das Wasser im mindestens 200m entfernten Baikal mit dem Faltkanister holen (ist dafür aber auch Trinkwasserqualität), sammelten Holz für das morgens und abends wärmende Lagerfeuer, sammelten auch mal gelbe Pilze im Wald (die gleiche Art, die gleichzeitig eine burjatische Anwohnerin für sich selber pflückte)... und frischen Omul, den ich im kühlen Sandboden in einem Plastikbeutel verscharrt hatte, weil wir rein für ihren Rohkostsalat zu viel hatten, aß sie zwei Tage später auch mit, als ich ihn briet (er war auch wirklich noch ok). Nur im Wald auf Klo zu gehen muß sie noch lernen/wollen... Für weite Wanderungen war sie (und ihre Chucks) leider auch nicht zu haben, dabei ist das sicher toll- der Nordteil der Insel ist überwiegend bewaldet (da haben Luchse und Rehe ihre Reviere), auch hügelig (Aussicht) und hat Steilklippen und Riffe. Es gibt da wohl größere Wanderwege und man kann sich auch Fahrräder in Chushir mieten, mit denen man zumindest auf den Verbindungspisten zwischen den kleinen malerischen Dörfern einen Tag oder mehr unterwegs sein kann.

Ich habe mich an diesem Ort sehr wohl gefühlt. das Wetter war fast immer super, nur abends kam schon mal leichter Regen (meistens aber erst ab ca. 23h), und gegen die manchmal starken Winde half auch die große Düne, die am Waldrand zwischen uns und dem Baikal lag. einmal aalten wir uns trotz kalter Brise im Sand in der Sonne, wegen schützender Dünen ringsum. Ansonsten half tagsüber lange Hose und T shirt mit Hemd drüber tragen (jedenfalls für mich) und abends ein Parka. Es ist sehr ruhig um diese Zeit, da kann man dem Specht lauschen oder wird auf die spielenden Raben aufmerksam. Der baikal ist sehr schön klar... leider habe ich nicht geangelt, obwohl das in seichten Buchten am "kleinen Meer" (so heißt der Abschnitt dort) erfolgversprechend sein soll. Der Gegenwind eben... Nachts kam mal ein streunender Hund aus dem Dorf und wollte an die Sachen im Vorzelt, da mußte ich laut werden. Die Russen campen oft ohne jede Rücksicht, man sieht leider die Spuren: Müllhaufen, gefrickelte Plumsklos und massakrierte Vegetation. Dank deren Hinterlassenschaften konnte ich aber auch eine Plane für unser Brennholz finden und eine stabile Halterung für den Hordentopf basteln. Mit dem wir per Holzstange auch später immer unser Wasser fischten, um es dann in Behälter umzufüllen: am Anfang ging ich dazu noch selber mehr oder weniger tief rein in den richtig kalten See; weil es wo sich die Wellen brechen zu flach für den Kanister war und dort auch immer Pflanzenteile und Sand verwirbelt werden.

Neben der zonierten, speziellen Vegetation, und einigen Vertretern der Tierwelt (wie die Ziesel, die im Steppenteil vorkommen, Falken und so) sind auch die heiligen Plätze auf der Insel interessant. Die Nummer eins dabei ist natürlich das heilige Kap Burchan direkt neben Chuschir (das Dorf ist eine Frechheit der Soviets, die da zunächst eine Fischfabrik aufstellten), das eigentlich nur die wichtigsten Schamanen überhaupt betreten dürfen. Es wird von verschiedenen Stämmen, bis in die Mongolei hinein, verehrt. Dort lebt der große Geist des Baikalsees. Um ihn nicht zu erzürnen, haben die Burjaten früher die Hufe ihrer Pferde umwickelt und sind überhaupt in gebührendem Abstand vorbei (besonders Frauen). Heute kraxeln weiße Touristen auch darauf herum und verewigen sich mit Tags. Olga hat sich als schamanistische Burjatin aber nur auf hundert Meter genähert, und ich bin auch nur bis zu den vorgelagerten Opferpfählen (sollen den Göttern zum Anbinden ihrer Pferde dienen), um da ein Foto zu machen, einen Stoffstreifen festzubinden, ein paar Kopeken liegen zu lassen und ein bißchen Jägermeister zu vergießen und zu nippen, für den alten Baikal. Auch sonst sieht man immer wieder mal einen Baum mit buntem Stoff, wo zigaretten und Münzen auf dem Boden liegen (es wirkt zunächst unansehnlich, aber die Schamanen benutzen halt immer Bäume als Kulisse für ihre Rituale, weswegen diese potentiell heilig sind), oder auch aufgetürmte Steine als uralten Brauch. Jeder der vorbeikommt, kann auch mal einen dazutun.

Auf die Insel kommt man über eine Fähre. Am Abfahrtsort kann man Souvenirs kaufen, und es gibt eine Müllberatung, die auch Spenden nimmt. Olga schenkte mir dort eine Maultrommel, sehr geil; sie ist fast so gut wie meine kirgisische. Ein alter Burjate merkte, daß ich Deutscher bin, als ich ihn an seinem Stand in meinem schlechten russisch ansprach. Er ließ mich für umsonst mit einem seiner Luftgewehre auf ein Hitlerfoto schießen und lobte Borussia Gladbach und Schalke. von Irkutsk aus fahren regelmäßig Minibusse nach Olchon, die komplette Strecke ist auch landschaftlich wirklich sehr schön, geradezu ehrfurchteinflößend, aber das letzte Drittel, sowie die Piste auf der Insel selbst ist wirklich schlecht... Ein Allrad- Trampelpfad eben, für ihren kleinen Toyota Vitz eine Tortur. Aber da muß man es halten wie die Russen und einfach hart sein. Sibirien ist eben wild; wer da hinfährt, braucht keinen roten Teppich zu erwarten. Eine super Strecke zum Baikal, die andauernd erneuert wird gibt es zwar von Irkutsk die Angara rauf nach Listwianka, aber das ist ein reiner Nepp Ort, "extra für Putin", wie mir ein Irkutsker in der transsibirischen schmunzelnd erklärte. Staatsgäste können mal eben vom Flughafen aus hindüsen, unser Helmut war wohl schon zweimal da.

die analogen Fotos habe ich im Moment nicht parat...
http://img688.imageshack.us/img688/4084/russland017.jpg
http://img689.imageshack.us/img689/3149/cimg4768v.jpg
http://img442.imageshack.us/img442/1153/russland020.jpg es gab immer lecker Tee, und zum Frühstück Brei, zum Aufwärmen

Geändert von Schwefelporling (29.01.2012 um 13:09 Uhr)
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