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Alt 14.02.2012, 17:13
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Schwefelporling Schwefelporling ist offline
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2.9.: Morgens lüftete ich Zelt und Schlafsack, packte dann alles ein und hängte die beiden Zeltteile noch ein Weilchen zum Trocknen auf (wegen des Taus). Dann ging es weiter nach Freyte, wo es wider Erwarten weder Bäcker noch Brunnen gab. Von dort aus nahm ich einen Waldweg, wie vorgesehen, fand aber die richtige Abzweigung nicht, weil es viel mehr gab als auf der Karte eingezeichnet. Meine Orientierung brachte mich diesmal nicht in die richtige Richtung: offenbar kam ich östlich statt wie vermutet westlich von meiner Route am Bach aus. Um den Weg zu finden, folgte ich also dem Bach in die falsche Richtung; durch Sumpf und Dickicht. Schließlich machte ich Pause und aß fast mein ganzes Essen auf, hatte aber noch Hunger. Zum Glück kam ich wenig später an einer größeren Eiche vorbei, an der Schwefelporlinge wuchsen. Ich fand ein langes Birkenstämmchen, an dem ich mein Messer per Klebeband befestigen konnte, und schnitt damit Pilze ab. Ich holte mir Steine und trockene Reiser, mache ein Feuer und kochte die Pilze im Wasser des Baches. Ich hatte gehört, daß man die Pilze danach noch braten solle, aber das sparte ich mir, ich aß sie heiß aus dem Wasser, das ging auch. Danach lief ich gestärkt weiter am Bach entlang, erst noch durch weidenbestandene Sumpflandschaften, dann an einem Hang mit Ginster und Heidekraut, bis ich auf einen Weg stieß, der ungefähr in die richtige Richtung führte. An dieser Stelle lag ein Schafskadaver im Bach. Ich wusch mir oberhalb davon noch meine Matte und folgte dann dem Weg. Es erschienen zwei Angelteiche, hinter dem zweiten waren Ferienhäuser. Ein Gärtner pflegte gerade den Rasen, als ich kam. Er stank und qualmte Selbstgedrehte, als ich ihn nach dem Weg fragte. Dank seiner Hilfe fand ich aber auch einen Wasserhahn. Bald führte der Weg zur D30 nach Sornac, wo der Bach in die Diège mündete. Es gab keinen Schatten mehr. Nach einem knappen Kilometer machte ich erstmal Pause und aß den Rest Brot mit einer Dose Makrelenfleisch. Ich saß an einem Holzlagerplatz auf einem Baumstamm, über den Eidechsen huschten. Dort schrieb ich noch eine Postkarte und schleppte mich dann bis kurz vor Sornac, was in etwa als mein Zielpunkt des Tages gedacht war. Ich verließ die Straße nach links, durchquerte 150 m Gestrüpp und ging barfuß durch die Diège. Dahinter lag ein Nadelwald, in dem offenbar eine kleine private Motocrossstrecke verlief. Ich nutzte einen ebenen Teil derselben zum Zelt aufbauen.

3.9.: Ich trocknete halbwegs das Zelt und hing auch Socken und Schuhe in die Sonne, dann marschierte ich weiter und durchquerte wieder den Bach. Bis Sornac war's nicht mehr weit. Ich kaufte mir einen Kuli im Presse- Laden, kaufte dann im Spar nochmal ordentlich Nahrung ein. Auch in diesem Dorf hatte das Office du Tourisme keine besseren Karten anzubieten. Ich erzählte den Leuten von dem toten Schaf; in der info wurde nämlich Werbung für die Diège als super sauberer Forellenfluß gemacht. Ich warf die Postkarte ein und telefonierte nochmal nach hause. Dabei erwähnte ich die Schwierigkeiten; ich räumte ein, daß ich das Geplante vielleicht nicht schaffen würde. Ich ging Richtung Beaune weiter (nicht der bekannte Ort im Burgund, sondern ein kleines Dorf) und fand am Ortsausgang einen Forellenteich wo ich frühstückte. Bewußt wurde es ein größeres Frühstück, um im Folgenden Gewicht zu sparen, und über genug Kraft zu verfügen: Brot, Ziegenkäse, eine Dose Kichererbsen, Apfelsaft, ein halbes Kilo Joghurt, mit Maronencreme aus dem Glas. Ich nutzte die Pause um mein Schuhwerk weiter der Sonne auszusetzen. Eine Art Sanatoriumspatient (da war nämlich ein Heim in der Nähe) wollte die Uhrzeit wissen und sich ein bißchen unterhalten. Munter sprangen die Forellen.
Die Landschaft änderte sich in dieser Gegend allmählich: während bei Ussel und Meymac noch gnadenlos Nadelwälder vorherrschen, die noch vom Sturm 1999 manchmal verwüstet zurückgelassen wurden, kaum aufgeräumt wurden und so auch immer wieder alte Wege verschlucken, findet man weiter nördlich eine vielfältigere Landschaft, bis irgendwann eine Art bocage beginnt, also eher durch Viehweiden geprägt, die oft durch Hecken oder Mauern begrenzt sind, mit einzelnen Mischwaldhainen und Bauernwäldchen durchsetzt.
Ich ging schließlich weiter die kleine Straße hinab und durchquerte bald Beaune; da war gerade Mittagsruhe. Ich nahm von dort aus die falsche Piste, merkte das an der Himmelsrichtung und lief später, statt zurückzukehren, geradewegs auf den Punkt zu wo ich eigentlich hätte sein sollen, an einem Bach entlang über eine Wiese. Weitere Pause in einem Wäldchen. Bevor ich auf die richtige Straße kam, mußte ich wieder durch dichtes Gebüsch. Später an der Mühle moulin de Beaune wurde ich von einem hysterischen Opa abgewiesen, der behauptete, es gäbe keinen Weg mehr und ich befände mich auf einem Privatgrundstück. Ich folgte also weiter der Straße im Tal und kürzte hinter einem Waldstück dann einfach durch den Sumpf ab (oft genug ging es mal wieder nur über Grasbuckel und Knüppel weiter), wodurch ich zu guter Letzt doch noch auf dem gewünschten Weg auskam, ätschibätsch. Ich fand einen schon getrockneten, wahrscheinlich von Dorfhunden zerfetzten Fuchskadaver und nahm mir davon einen Eckzahn mit. Dann durchquerte ich l'Anglade und sogar noch Ville- Valleix (Tagessoll überschritten). Ich fand reife Äpfel als Fallobst, bevor ich dann kurz vorm nächsten Dorf Crabanac einem Feldweg zu einem Buchenwald folgte. Hier schlug ich das Zelt auf, wiederum mitten auf einer Motocross- Strecke. Der Tag war schon heiß gewesen und auch die Nacht war nicht kalt. Ein plus war auch sicher der weiche belaubte Untergrund.

4.9.: Morgens war das Zelt ausnahmsweise mal nicht feucht, ich packte es ein und hatte Zwieback mit Maronencreme und Milch. Ich klebte ein Pflaster an meinen leidenden dicken Zeh, cremte mich ein und ging los. Als ich wie geplant die D36 überquert und somit die Départementsgrenze überschritten hatte (Creuse, nicht mehr Corrèze), um den Feldweg nach Féniers zu nehmen, führten mich dort Schilder zu einer der Quellen der Creuse. Sie war freigelegt und mit Kiesbett versehen worden. Dort holte ich endlich neues Wasser. Kurz darauf machte ich eine Pause, während der ich mich nochmal stärkte. Bald kam ich in Féniers an, wo es wider Erwarten keine Geschäfte gab. Zunächst entmutigt, sah ich mir das Dorf mal genauer an und fand eine öffentliche Wasserstelle. Ein Opa sprach mich an und ich unterhielt mich eine Weile mit ihm. Er erklärte mir den Weg zur Post. Ich rief dort Eltern und einen Freund an, dann füllte ich meine Wasserreserven wieder voll auf und ging weiter. Ich folgte der schmalen, recht stillen D26 bis kurz vor Gradeix, wo ich in einem schattigen Hohlweg eine längere Pause machte um meiner Freundin Fanny einen Brief zu schreiben. Dann ging's auf halber Höhe um die Hügel herum, gesäumt von Kuhweiden weiter bis hinter Chissac, wo ich hinter einer Weide einen Wald erspähte. Dort entschied ich mich für einen Wirtschaftsweg als Zeltplatz und bereitete die Stelle, an der ich liegen würde, mit einer Laubdecke vor. Darüber baute ich das Zelt auf und tarnte es ein bißchen. Abendbrot, Musik hören.

Freitag, 5.9.: Ich hatte wirklich bequem schlafen können und blieb auch morgens noch im Bett, weil's regnete. Erst gegen 12 packte ich alles zusammen, aß Frühstück und kümmerte mich nochmal um meinen Fuß. Im Rucksack war alles gut aufgehoben, aber die Vorräte in der Einkaufstasche isolierte ich nochmal neu und zog einen Gefrierbeutel über die Bauchtasche. Es war kühl, ich trug die zip off Hose lang und longsleeve und Parka dazu, Regensachen hatte ich ja nicht. Bald nachdem ich mich aufgemacht hatte, hörte der Regen ziemlich auf. Als ich im Tal vor Gioux war, war schon alles vorbei, aber ich trug noch die schwere Kleidung. Sehr schön war es dort, aber beim Aufstieg zum Dorf kam ich dann ganz schön ins Schwitzen und zog die Jacke wieder aus. In Gioux warf ich Post ein und fand im „salle polyvalente“ eine Putzfrau, die mir auf Toilette netterweise die Wasservorräte auffüllte und mir versicherte, in dieser Gegend könne man nichts einkaufen. Ich lief am Friedhof vorbei die Straße runter bis zur „villa gallo- romaine“, die ich mir extra auf der Karte als high auserkoren hatte. Dort waren aber nur einige verfallene Grundmauern zu erkennen, wenn auch mit Beschilderung versehen. Dafür fand ich auch hier die Umgebung traumhaft. Ich sah mich etwas um in der Stätte, rastete und aß ein großes Schinkenbrot. Dann lief ich die Straße nach la Valette weiter und suchte mir unterwegs einen Zeltplatz im Wald. Ich bereitete die Stelle mit viel Laub und Farnkraut vor und baute das Zelt darüber auf. Ich tat die Sachen schonmal rein, denn der Wald war feucht, es tropfte von den Ästen. Ich ging mit Topf, Teller und Besteck los, machte mir ca. 150m vom Zelt eine sichere Feuerstelle zurecht und ging auf Nahrungssuche. Pilze fand ich keine, nur Löwenzahn, Beinwell, Schafgarbe und noch etwas anderes. Ich fand ein Stück Fichtenwald, wo ich getrocknete Zweige vom Stamm nahm; am Boden war alles naß. Ich kochte das Grünzeug in Bachwasser, es blieb allerdings recht bitter. Der Regen fing wieder an und ich aß im Zelt weiter, auch Brot mit Wurst; die Zähne putzte ich mir später am Bach. Ich sage Bach, aber der war vielleicht 30 cm breit und 3 cm tief. Es war schon dunkel und für meine Aufzeichnungen brauchte ich Teelichter.

6.9.: Ich blieb wieder recht lange im Zelt, weil es wieder regnete. Als es nachließ, holte ich Bachwasser, wusch das Geschirr von gestern und packte alles ein. Ich wusch mir die Haare, packte das Zelt ein und ging weiter. Von der Straße aus ging ich rechts runter in ein Wäldchen, durch das ein größerer Bach floß. Dort badete ich dann endlich, in knietiefem kaltem Wasser, und zog mir frische Sachen an. Dann ging's weiter auf der Straße. In l'Anglade leuchteten die dicken Zucchinis und Kürbisse in den Gärten der Bewohner durch die trübe Luft hindurch. Alles sprießt, über Wassermangel brauchen sich die Creuser keine Gedanken zu machen... Ich verpaßte hinter dem Ort leider die Abzweigung aus dem Tal heraus, die mir wichtig war, weil ich eigentlich nicht die ganze Zeit an der D992 entlanglaufen wollte, sondern eine weitere Ausgrabungsstätte mitnehmen wollte (diesmal ein Menhir). Naja, bei der nächsten Pause war ich schon auf dem halben Weg nach Felletin. Links von der Straße war der steile Hang und rechts im Überschwemmungsbereich des Bachs eine breite Weide. Dort rastete ich an einem Baum. Ich aß den Schinken auf und Oliven aus dem Glas; dann lief ich einfach weiter, obwohl ich bereits meine Tagesstrecke geschafft hatte. Am Ortsausgang von St Quentin fand ich einen verlassenen Garten, wo ich bestimmt 2 kg Äpfel pflückte. Ich kam in Felletin an und folgte erstmal der Umgehungsstraße. Ich glaubte, hier am ehesten einen Campingplatz zu finden. Dann kämpfte ich mich hoch ins Zentrum und überquerte den Hauptplatz. Ich sah keine Info und kaufte daher zunächst einmal ein. Ich kaufte genug für die nächsten zwei Tage und fragte dann eine Mutter am Ausgang, wo der Campingplatz sei, es gab wohl einen in der Umgebung. Ich war schon dorthin unterwegs, traf dann aber bald einen Opa, der mich warnte, es sei sehr weit. Weil ich schwer beladen und eigentlich auch langsam müde war, gab ich auf und ging zum Bahnhof. Der wurde aber nicht mehr als solcher genutzt. Es fuhr kein Bus mehr nach Aubusson, erst 25 Stunden später wieder. Ein anderer Opa sagte, der Campingplatz hätte jetzt saisonbedingt zu und es gäbe keine Jugendherberge. Die Busfahrerin, die als nächste kam, war auch der Meinung, ich solle es entweder morgen mit dem Bus, oder heute per Anhalter versuchen. Das tat ich also, ich malte noch ein „Aubusson“- Pappschild mit Edding und lief dann die Landstraße hinunter. Ans wilde Zelten war in dieser ausgeräumten, relativ wohlgeordneten Landschaft um die Städte herum kaum zu denken... Nach einer Weile klappte es zum Glück: eine liebe Studentin im Kleinwagen brachte mich bis kurz vor Aubusson, ein Opa mit seinem Enkel dann schließlich bis zum Campingplatz. (…)
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