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Alt 11.01.2011, 13:50
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German Yeti German Yeti ist offline
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Daumen hoch Die Kiefern-Rinden-Tasse

Kiefern-Rinden-Tasse

Die Idee kam bei unserer Kanutour im Mai/Juni 2005 in Polen/Masuren auf der Czarna Hancza.

Ralph war gerade dabei sich einen Becher aus Kiefernrinde zu machen, als ich mich fragte, wie das wohl als Tasse mit Henkel aussehen könnte?

Ach ja, ich muß dazu sagen, das die Rinde der Tasse mit Nadel & Faden vernäht worden ist, was voraussetzt, das man in der Wildnis Nadel und Faden dabei hat.

Meine fertige Tasse hat einen Durchmesser von ca. 8 cm - d.h. einen Umfang von ca. 25 cm und ist 13 cm hoch.

Solch eine Tasse läßt sich nicht aus einem Stück Rinde herstellen, d.h. man braucht ein rechteckiges und ein rundes Stück Rinde.

Die Rinde sollte aus dem oberen Stammbereich eines frisch gefällten Baumes oder einer frisch abgebrochenen Baumkrone genommen werden.
Frisch deshalb, weil sich die Rinde in diesem Zustand ohne Probleme mit einem selbstangefertigten Spachtel vom Stamm lösen läßt.
Wäre die Rinde schon angetrocknet, würde sie unter Umständen reißen.
Warum aus dem oberen Stammbereich?
Im oberen Stammbereich ist die Rinde dünner, flexibler und man hat keine Probleme mit der dicken Borke wie im unteren Stammbereich.
Wie bekomme ich die Rinde vom Stamm?
Ich "ringele" die Rinde mit einem scharfen Messer an zwei Stellen rund um den Stamm.
Ich suche mir dafür eine Stelle aus, wo keine(!) Ästchen sind.
Dann mache ich einen Schnitt waagerecht von einer Seite der Ringelung zur anderen.
An dieser Stelle kann ich jetzt mit meinem selbstgemachten Spachtel vorsichtig anfangen die Rinde vom Holz abzuheben.
Es dauert schon eine Weile bis man, wenn man vorsichtig gearbeitet hat, sein Rindenstück in der Hand hält.
Jetzt kann man überlegen, wie groß denn die Tasse werden soll und ob das Rindenrechteck groß genug ist, um daraus auch noch den runden Tassenboden zu machen.
Wenn man sich entschieden hat, wie die Tasse aussehen soll, schneidet man sich mit dem Messer ein Rechteck aus, das dem Umfang und der Höhe der späteren Tasse entspricht.
Die Außenseite der Rinde sollte auch die Außenseite der Tasse sein.
Jetzt legt man die beiden Enden des Rindenrechtecks zusammen und läßt sie sich etwa 1 cm überlappen.
Damit die Rinde beim Nähen nicht einreißt, habe ich ein Weidenästchen, das ich gespalten hatte, innen und außen über die Überlappung der Rinde gelegt.
Jetzt wird, immer rund um die Weidenästchen, durch die Rinde genäht.
Wer mag, kann sich aus Weide auch noch einen Henkel machen und den dann mit einnähen.
Wenn man dann die Außenwand der Tasse fertig hat, wird es etwas schwieriger, jetzt muß man
den Boden ausschneiden, anpassen und einnähen. Darum sollte man seine Tasse möglichst
nicht zu tief machen, weil es sonst Probleme mit dem Einnähen des Bodens geben kann.

Damit die Tasse auch nach dem Trocknen noch rund aussieht, kann man am oberen Tassenrand
und am Boden der Tasse ein Weidenästchen rund einpassen und mit vernähen.
Das am Boden eingepaßte Weidenästchen trägt auch wieder dazu bei, das die Rinde beim Nähen nicht einreißt.
Wenn man alles gut vernäht hat, ist die Tasse jetzt leider immer noch nicht wasserdicht!
Wie bekomme ich sie wasserdicht?
Wildniskleber!
Harz in einem kleinen Töpfchen, das etwas größer als der Durchmesser der Tasse sein sollte, flüssig machen und dann

Bienenwachs oder
gebrannten Kalk (ins Feuer geworfene leere Schneckenhäuser) oder
Asche vom Feuer
miteinander verrühren (mehr Bienenwachs macht den Kleber weicher(!), mehr Asche oder Kalk machen den Kleber härter(!) ).

Die Tasse kurz etwa 1 cm in den flüssigen Kleber eintauchen, damit sich die Nahtstellen schließen können, aber kein Kleber in den Tasseninnenraum gelangt. Bei der Seitennaht flüssigen Kleber mit einem Stöckchen auf den Nahtbreich auftragen. Den Kleber abkühlen lassen und fertig ist die Wildnistasse.

Ich hoffe, ich habe die Bauanleitung einigermaßen verständlich verfaßt.


G.Y.
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