Thema: Taiga
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Alt 25.05.2006, 14:38
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oliver oliver ist offline
Jäger
 
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oliver Stammes Mitglied
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Ja, faszinierend ist wohl der passendste Ausdruck. Der Autor beschreibt die Lykows auch wie Bestandteile eines Museums, wenn auch als Freund und mit viel Sympathie. Die Lebens- und Denkweise ist krass: Als die Familie "entdeckt" wurde trug sie selbstgewebte Kleidung aus Hanf, den sie anbauten, trugen Schuhe aus Birkenrinde, hatten nur die abgenutzten Metalltöpfe und -werkzeuge, die sie vor 40 Jahren (aus einer Altgläubigensiedlung, wenn auch nicht so extrem abgelegen) mitgebracht hatten, kein Salz etc.
Auch der Glaube, der überhaupt erst zu dieser Lebensweise geführt hatte, ist extrem. Streichhölzer sind Sünde, Fotografieren auch, Nahrungsmittel in "weltlichen" Gefäßen wie Glas, Plastik ebenso.
Traurig und hoffnungslos sind vielleicht die falschen Ausdrücke. Das Schicksal in der Taiga war selbst gewählt, zumindest von den Eltern, und die Kinder kannten nichts anderes und gingen auch nicht in die sündige Welt, als sie erwachsen waren. Die letzte Überlebende, Agafja, war ja mehrmals in der Zivilisation und hätte dort auch bleiben können, sogar bei Glaubensgenossen, aber die waren ihr wohl nicht extrem genug. Ich würde Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit also durch religiöse Verbohrtheit und eingefahrene Gewohnheiten ersetzen - was Traurigkeit oder Einsamkeit natürlich nicht ausschließen muss.
Das Gute an dieser speziellen Form des Fanatismus ist immerhin, dass er introvertiert ist. Andersdenkende werden nicht in die Luft gejagt, sondern als Gäste in der Taiga gern gesehen, wenn man auch nicht dauerhaft mit ihnen zusammenleben will.
Ein paar Infos mehr gibts noch unter http://www.woz.ch/artikel/inhalt/200...ben/11606.html
Oli
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